Verpflichtung zum gemeinsamen Zeugnis
(Diakon Markus Giese, Schulseelsorger an der Mittelschule und der Realschule Ochsenfurt)
„Alle sollen eins sein: Wie Du, Vater, in mir bist und ich in Dir bin, sollen auch sie in
uns sein, damit die Welt glaubt, das Du mich gesandt hast!“, mit diesen Worten
beginnt das Evangelium des Sonntages vor Pfingsten, an dem der 102.
Katholikentag in Stuttgart endet. Die Einheit, um die Jesus hier bittet, ist immer
wieder gefährdet und herausfordernd. Sie zu suchen und an ihr zu arbeiten ist
Verpflichtung und Aufgabe der in verschiedene Konfessionen geteilten Christen.
Im Bewusstsein, dass die Art und Weise, wie wir Christen miteinander in Beziehung
treten und miteinander umgehen, unser Zeugnis für das Evangelium prägt, muss
unsere Gemeinschaft, die in der Taufe wurzelt, weiter wachsen, indem sich die
Christen aller Konfessionen bemühen, die verbleibenden Hindernisse zu beseitigen,
die die Christen davon abhalten, die volle Einheit in respektierter Verschiedenheit
zu erlangen. In den vergangenen Jahren haben römisch-katholische Kirche und
evangelisch-lutherische Kirche einen nicht mehr rückgängig zu machenden
Prozess begonnen, in dem nicht mehr die Unterschiede in den Vordergrund der
Auseinandersetzungen gestellt werden, sondern Gemeinsamkeiten erkannt und
betont werden. Die Kirchen haben erkannt, dass das Verbindende größer ist als
das Trennende! Viele Mitglieder der verschiedenen Konfessionen sehnen sich
danach, die Eucharistie in einem Mahl zu empfangen als konkreten Ausdruck der
vollen Einheit. Die Verantwortlichen in den Kirchen müssen die gemeinsame
pastorale Verantwortung erkennen, dem geistlichen Hunger und Durst der ihnen
Anvertrauten, eins sein zu wollen in Christus, mit konkreten Schritten zu begegnen.
Die unterschiedlichen Auffassungen der Konfessionen in der Deutung des
Abendmahles bzw. der Eucharistie spielen im Glaubensvollzug der Menschen
kaum noch eine tragende Rolle. Ob nun ein reines Erinnerungsmahl gefeiert wird
oder das Brot nur für den daran Glaubenden im Moment des Empfanges der Leib
Christi ist oder eine Wesens- und Substanzverwandlung von Brot und Wein Leib und
Blut Christi („Transsubstantiation“) vergegenwärtigt - für alle Christen ist es doch
eine intensive Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus, der uns
aufgetragen hat, seine frohe Botschaft allen Menschen zu verkünden. In der
Auseinandersetzung mit biblischen Texten und im gemeinsamen Mahl finden die
Christen die Kraft, sich gemeinsam den Herausforderungen der Gegenwart und
der Zukunft zu stellen! Ob es um die Verantwortung jedes Einzelnen für den Erhalt
der Schöpfung geht, die durch Ausbeutung und die Auswirkungen einer
unersättlichen Gier der Menschheit in Mitleidenschaft gezogen und deren weitere
Existenz durch das egoistische Verhalten einiger Weniger gefährdet ist; ob es um
die Menschen geht, die sich nach Sicherheit, Frieden, Gerechtigkeit, Würde und
Versöhnung sehnen; ob es darum geht, Fremde aufzunehmen und denen zu Hilfe
zu kommen, die wegen Krieg und Verfolgung gezwungen waren zu fliehen oder
ob es darum geht, die Rechte der Schwachen zu verteidigen – wir Christen können
einen wesentlichen Beitrag für Gerechtigkeit und Frieden leisten, wenn wir uns
darum bemühen, eins zu sein in Christus. Dazu müssen wir unseren Glauben aber
auch wieder in der Botschaft Jesu verwurzeln und nicht in synkretistischer Toleranz
immer weiter weichspülen und aufgeben! In Christus verwurzelt und ihn
bezeugend werden wir treue Boten von Gottes grenzenloser Liebe für die ganze
Menschheit sein und dies beginnt auch hier im Dekanat Würzburg dann, wenn
Christen aller Konfessionen den Weg in die Zukunft gemeinsam gehen!
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