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Unterbrechung

Die wohl kürzeste "Definition" von Religion hat der bekannte Theologe Johann Baptist Metz einmal mit dem Stichwort Unterbrechung gewagt. Religion, das ist "Unterbrechung".

Die wohl kürzeste „Definition“ von Religion hat der bekannte Theologe Joh. Bapt. Metz einmal mit dem Stichwort „Unterbrechung“ gewagt. Religion, das ist „Unterbrechung“.

Tatsächlich: An Sonn- und Feiertagen unterbrechen wir Christen bewusst unseren Alltag und machen es an solchen Tagen „ganz anders“: Auszeit, Familienprogramm, Relaxen, einfach mal nichts tun – aber auch Gebet und Gottesdienste. Religiöses Tun, genauso wie religiös geprägtes Schweigen und Ruhe unterbrechen die Woche.

Ohne Sonntage gibt es nur noch Werktage“, unter diesem Motto verteilte die Evangelische Kirche in Deutschland vor einiger Zeit in großer Zahl Aufkleber. Das Wechselspiel zwischen Sonntag und Alltag, zwischen Beten und Arbeiten geht auf die frühe Kirche zurück, z.B auf das „ora et labora“ der Benediktiner. Den freien Sonntag führte erstmals im seinem Reich Konstantin der Große ein, der erste römische Kaiser, der das Christentum den anderen Kulten gleich stellte. Seither dürfen wir „unterbrechen“. Dieses Unterbrechen hat eine ganz eigene Dynamik. Menschen kommen zur Ruhe, zur Stille, spüren einer inneren Sehnsucht nach, lassen die Gedanken schweifen und entdecken – vielleicht quer denkend – Neues für ihr Leben. Die ganze Urlaubszeit könnte diesem erholsamen Unterbrechen dienen, wenn wir nicht auch noch diese Zeit zu einer Event-Ralley machten. Ein bewusstes Unterbrechen, egal ob religiös gedacht oder nicht, entschleunigt uns, gönnt sich Zeit, weiß um das kreative Potential in der Ruhe und um ihre Kraftquellen.

Die Bibel im Buch Genesis erzählt vom siebten Tag, an dem Gott nach seinem Schöpfungswerk ruhte. Die jüdische Antwort auf die Frage, warum er ruhte, heißt bei den Rabbinen: „Weil Gott den Sabbat schaffen wollte!“ Und was tat er an diesem Tag? „Er schuf menuah – die Ruhe.“ Dieses hebräische Wort hat so viele Nuancen, dass es im Deutschen eine ganze Reihe von Antwortmöglichkeiten für „Unterbrechung“ bereit hält: Gelassenheit, Klarheit, Friede, heilende Stille und bei all dem in den uralten Rhythmus fallen: Einfach atmen, leben, tätig sein und ruhen.

Passend zur Sommerzeit fand ich ein Gedicht von Joachim Ringelnatz:

Sommerfrische

Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,

das durch den sonnigen Himmel schreitet.

Und schmücke den Hut, der dich begleitet

mit einem grünen Reis.

 

Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser,

weil‘s wohltut, weil‘s frommt.

Und bist du ein Mundharmonikabläser

und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.

 

Und lass deine Melodien lenken,

von dem freigegebenen Wolkenzupf.

Vergiss dich. Es soll dein Denken

nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.

 

Dr. Petro Müller

Domvikar, Ökumenereferent der Diözese Würzburg, Pfarrvikar in der Pfarreigengemeinschaft Würzburg-Innenstadt