„Und was machst Du so?" Bekommt man diese Frage gestellt, dann ist sofort klar, worauf sie abzielt. Gefragt wird nicht nach der Freizeitgestaltung oder nach besonderen künstlerischen Begabungen, sondern nach der Tätigkeit des Broterwerbs, dem Beruf.
Arbeit hat nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Ob ich Arbeit habe und unter welchen Bedingungen das tägliche Brot verdient wird, entscheidet ganz wesentlich über Glück und Unglück, Heil und Unheil eines Lebens. Das spüren Menschen sehr genau.
Und trotzdem verschwindet die Arbeit immer mehr aus dem Bewusstsein unserer Gesellschaft. Man redet von ihr meistens nur ganz abstrakt in Zahlen. Wie viel darf Arbeit kosten? Können wir uns den Mindestlohn leisten? Wie sehen die neuen Arbeitslosenzahlen aus?
Arbeit ist im finanzgetriebenen Kapitalismus zum reinen Kostenfaktor verkommen. Sie hat keinen Wert, sondern nur noch einen Preis. Je billiger sie zu haben ist, desto besser für die Wirtschaft. Wie gearbeitet wird, unter welchen Bedingungen und Mühen, im Leiharbeitsvertrag, im Mini- oder Midijob oder befristeten Zeitvertrag Produkte erzeugt und Dienstleistungen angeboten werden, sieht man ihnen im Werbeprospekt und im Regal nicht an.
Hinter jeder Arbeit steckt jedoch ein Mensch. Entgegen anderslautenden Mythen kann Geld nicht arbeiten. Ein Mehr-Wert wird nur durch den Menschen geschaffen, der die Arbeit verrichtet. Arbeit muss Vorrang gegenüber dem Kapital haben. Jeder Mensch hat ein Recht auf gute Arbeit, auf einen gerechten Lohn, von dem er leben und seine Familie ernähren kann, auf soziale Sicherheit, auf gleichen Lohn für Männer und Frauen, auf geregelte Arbeitszeiten.
All das klingt schon im zweiten Buch der Bibel an: Mit einem freien Tag sollten die Landarbeiter vor der Ausbeutung durch die Großgrundbesitzer geschützt werden – wissend, dass zu viel Arbeit krank macht: „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du feiern, auf dass dein Rind und Esel ruhen und deiner Sklavin Sohn und der Fremdling sich erquicken." Ein Rhythmus von Beschäftigung und Ruhe gehört nach biblischem Verständnis von Anfang an zum Menschsein dazu.
Übermorgen, am Tag der Arbeit, am 1.Mai können sich viele Arbeitnehmer auf ein verlängertes Wochenende freuen, auf einen gepflegten Maifeiertag und einen Tanz hinein, auf Zeit mit der Familie und den Freunden, darauf, dass Menschen seit über 200 Jahren auf die Straße gehen, um sich engagiert um Arbeitnehmerfragen zu kümmern – auch in Würzburg.
„Und was machst Du so?"
Susanne Hötzel, Hochschulpfarrerin in der Evangelischen Studierendengemeinde