Raus aus der Hoffnungslosigkeit!
„Aufstehen!“ - so heißt die erste Aufgabe an jedem Morgen: Im Nu ist sie bewältigt, bricht ein hoffnungsvoller Tag an. Steht aber Mutlosigkeit im Raum, wird das Aufstehen zur Zumutung.
„Aufstehen!“ – Wie oft mögen die Soldaten Jesus diesen Befehl auf seinem Kreuzweg gegeben haben? Dreimal soll er zusammengebrochen sein. Doch er steht immer wieder auf.
„Aufstehen!“ – So mag auch Maria Magdalena die Jünger Petrus und Johannes am Ostermorgen ungeduldig aufgefordert haben. Noch vor Tagesanbruch war sie zum Grab geeilt. Doch was musste sie dort entdecken? „Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.“ (Joh 20,2). Als die beiden am Grab ankommen, bleibt Petrus skeptisch, während Johannes schon beginnt, an das Wunder der Auferstehung zu glauben. Maria Magdalena aber darf als erste Jesus begegnen. Doch sie bleibt blind in ihrer Trauer. Erst als er sie mit ihrem Namen anspricht, bricht sich die Hoffnung Bahn. So brauchen alle drei ihre Zeit, bis die Freude des Ostermorgens die Mutlosigkeit des Karfreitags besiegen kann. Diese unbändige Hoffnung aber wird zeitlebens keiner von ihnen mehr verlieren. Petrus wird im Glauben so stark, dass er in Joppe eine Jüngerin ins Leben zurückholen kann mit dem Ruf: „Tabita, steh auf!“ (Apg 9,40).
Menschen wie diese drei gibt es viele. Sie sind durch Niederlagen gegangen. Doch sie haben die Kraft erhalten, wieder aufzustehen. Solche Menschen sind mir vor Augen, wenn ich in der Nacht des 16. März vor dem Dom stehe und dem Glockengeläut lausche, das mahnend über der ganzen Stadt anhebt, um der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Ist es nicht ein Wunder, dass man unserer Stadt 72 Jahre nach der Zerstörung nichts mehr davon ansieht? Welche enorme Kraft hat sich hier den Weg zu neuem Leben gebahnt?
Einen Monat nach dem 16. März läuten in der Nacht wieder alle Glocken Würzburgs. Nach dem Trauergeläut folgt jetzt das Freudengeläut: „Jesus ist auferstanden! Das Leben ist stärker als der Tod!“ Die Glocken der Osternacht rufen uns zum neuen Leben: „Mensch, steh auf! – Raus aus der Hoffnungslosigkeit!“
Ich wünsche Ihnen, dass Sie im Glauben an die Auferstehung Jesu einen Schub an neuem Leben erfahren dürfen! Und ich bete dafür, dass dies auch den Menschen widerfährt, die heute unter Krieg und Terror leiden müssen!
Dr. Jürgen Vorndran, Dompfarrer und Dekan des katholischen Stadtdekanates