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Wort zum Wochenende

Protestleute gegen den Tod

Das Gebet ist ein Protest gegen den Tod, so Pfarrerin Angelika Wagner

Protestleute gegen den Tod

Ob wir wollen oder nicht, der Monat November konfrontiert uns mehr als andere Zeiten mit dem Tod: Allerheiligen und Ewigkeitssonntag, Volkstrauertag, Gedenken an die Reichspogromnacht und an die Deportation der Jüdinnen und Juden.

Mitten im Leben sind wir „mit dem Tod umfangen“, schreibt Martin Luther. Manchmal wird das Leben zum Kampf gegen den Tod. Gerade erst haben wir uns aus der Corona-Pandemie herausgeschält, die 6,6 Millionen Menschenleben forderte. Doch der Tod zeigt sich erneut in seiner absurdesten Form, im Krieg. Mindestens 6.430 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung, darunter 402 Kinder. 100.000 russische Soldaten, wer weiß? Jeden Tag sterben weltweit über 500 Menschen in gewalttätigen Konflikten. Auf der Flucht im Mittelmeer ertranken 2022 bereits 1.762 Menschen.

In Kriegszeiten haben wir uns angewöhnt, in Zahlen zu sprechen. Doch jede*r hatte einen Namen, wurde von einer Mutter geboren, umsorgt, gerufen. Auch wenn die Zahl anonymer Bestattungen zunimmt, aus persönlicher Entscheidung, finanziellen Gründen oder, immer häufiger, als „unbedacht Verstorbene“ in völliger Einsamkeit: Bei Gott ist niemand unbedacht, stirbt niemand anonym.

Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind“, ruft Jesus. Im Buch der Offenbarung lesen wir: „Nie werde ich einen Namen aus dem Buch des Lebens streichen“. Christen sind Protestleute gegen den Tod, so der evangelische Pfarrer Christoph Blumhardt. Weil Gott „ein Gott der Lebenden und nicht der Toten“ ist. Und weil sie daran glauben, dass der „letzte Feind“ durch die Auferstehung überwunden wird. Der Schriftsteller Elias Canetti ergänzt: „Ich würde wollen, dass sich alle Menschen dessen bewusst sind, dass der Tod eine Gefahr ist, die sie einsickern lassen in ihre ethischen Prinzipien, in ihr moralisches Verhalten. Ich würde wollen, dass der Tod wirklich ganz entfernt wird aus dem, was akzeptiert ist“.

Das Gebet ist Protest gegen den Tod. Das Verlesen der Namen im Gottesdienst. Die Nähe zu den Einsamen, denn der erste Tod ist die Anonymität; die Sorge für die Kranken, die Gastfreundschaft für Geflüchtete, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Protest wird zur Kultur des Lebens, die aus der Namenlosigkeit herausholt: mit Stolpersteinen, bei Gedenkveranstaltungen, beim Lichterweg für die deportierten jüdischen Mitbürger*innen am 28. November. „Alle werden das Leben haben“. Das ist unser Trost, hierauf dürfen wir vertrauen, denn „nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes“. Gott sei Dank.

Pfarrerin Angelika Wagner

(Pfarrerin im Schuldienst)