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Not ohne Unterschied

Über den Heiligen Johannes Chrisostomus spricht P. Martinos Petzolt. mehr...

Not ohne Unterschied

 

Wenn du einen Esel siehst, der am Ersticken ist, richtest du ihn auf, und fragst nicht erst, wem er gehört; um so weniger darf beim Menschen erst untersucht werden, woher er ist“. So predigte im vierten Jahrhundert der heilige Johannes Chrysostomos in der syrischen Stadt Antiochia, in der das Wort „Christen“ zuerst in Gebrauch gekommen ist. Und das ist ihm nicht nur so einfach herausgerutscht, sondern er beschäftigte sich ausführlich mit diesem hochaktuellen Thema. Er meinte, dass es bei Menschen im Unglück nicht erlaubt sei, erst zu untersuchen und zu unterscheiden, warum das geschehen ist und woher er kommt. Sofortige Hilfe sei geboten, gleich, wen es getroffen hat.

Chrysostomos kennt selbstverständlich das Pauluswort an die Galater: „Wir wollen allen Menschen Gutes tun, besonders aber den Glaubensgenossen“. Aber er ist damit überhaupt nicht einverstanden. Nicht, dass man allen Menschen helfen soll, macht ihm Probleme, sondern dass Paulus erlaubt zu unterscheiden, wem man hilft. Als würde es Notleidende erster und zweiter Klasse geben. Oder Notleidende, deren Not einen mehr angeht als die anderer. Oder notleidende Geschwister und notleidende Feinde. Oder nähere und entferntere Not. Gegen das weit verbreitete Missverständnis wird Chrysostomos nicht müde, die Gleichheit und Gleichwertigkeit aller Notleidenden zu betonen, ja er meint sogar, es sei sogar wichtiger, dem Fremden zu helfen, um auch ihn zum Bruder zu gewinnen. Not kennt keine Unterschiede von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Familienstand, Nationalität, nicht einmal in den Ursachen. Ohne den Apostel Paulus direkt zu kritisieren, betont und wiederholt er einfach den ersten Teil des Satzes, „allen Menschen Gutes zu tun“, und widerlegt gleichzeitig in seiner ganzen Predigt die übliche Meinung, man dürfe bevorzugen, auswählen, werten, kategorisieren, sortieren, unterscheiden, denn alle Menschen „gehören Gott an“.

In seiner Generation im vierten Jahrhundert war das mutig. Die Erinnerung an die grausame Christenverfolgung war noch sehr lebendig, die Feinde und deren Nachkommen lebten noch, die Gegner des Christentums waren noch mächtig und weit in der Mehrheit, das Christentum war noch nicht Reichsreligion geworden und die Christen saßen noch nicht an allen Schlüsselpositionen des römischen Reiches. Das wäre es verständlich gewesen, sich auf Paulus zu berufen und die eigenen Glaubensgenossen zu bevorzugen. Der Bischof in Syrien aber machte das Gegenteil: Er ärgerte sich über diejenigen, die Unterschiede machten und auswählten, wem sie helfen wollten. Er verbot sogar die Frage, ob ein Hilfsbedürftiger selbst schuld oder gar böse sei. „Errette ihn, wer er auch sei!“ rief er in seiner Predigt über den Hebräerbrief. Denn alle gehören zu Gott.

p. Martinos Petzolt