Nichts zu Pfingsten?!
Die Lehrerin fragt nach der Bedeutung von Pfingsten und der Schüler antwortet: „Pfingsten? Das ist das Fest, an dem es nichts gibt!“
Irgendwo hat der Junge Recht: Zu Weihnachten gibt es Geschenke, an Ostern wenigstens bunte Eier. Aber an Pfingsten? Was geschieht eigentlich an Pfingsten?
Schauen wir in die Bibel! In den Tagen nach Christi Himmelfahrt haben sich die Apostel mit Maria, der Mutter Jesu, zusammengetan und inständig um den Heiligen Geist gebetet. Sie, die Mutter Jesu, nimmt jetzt offensichtlich den leeren Platz in ihrer Mitte ein. Sie ermutigt und bestärkt die Jünger. Am Pfingsttag geschieht es dann tatsächlich: Der Heilige Geist kommt in Feuerzungen auf sie herab, lässt sie in allen Sprachen reden und bringt sie in Bewegung. Die Apostel ziehen aus, der Welt das Evangelium zu verkünden.
Und heute? Geschieht Pfingsten auch heute? Am letzten Sonntag ging in Berlin und Wittenberg der evangelische Kirchentag zu Ende. In Zukunft wollen Protestanten und Katholiken Christus gemeinsam bezeugen: Ein pfingstlicher Aufbruch in einer Zeit der Pfingstvergessenheit! 500 Jahre nach der Veröffentlichung der 95 Thesen von Martin Luther ist einer seiner knorrigen Aussprüche hochaktuell: „Viele, die Christen heißen, kennen weder das Vaterunser noch die Zehn Gebote und leben dahin wie das liebe Vieh.“ (Martin Luther, Vorrede zum Kleinen Katechismus, 1529).
In Würzburg hat man schon im Jahr 1582 darauf reagiert. Fürstbischof Julius Echter, dessen 400. Todestag wir am 13. September begehen, begründet die Universität wieder neu. Mit Bedacht lässt er über dem Portal des Renaissancegebäudes in der Domerschulstraße das Pfingstereignis darstellen: Nur eine geistreiche Wissenschaft kann das Herz der Menschen bilden. Julius Echter lässt sich selbst kniend darstellen, wie er die sieben Gaben des Heiligen Geistes herabruft: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht.
All das gibt es auch heute an Pfingsten! Zugegeben, keine dieser sieben Gaben ist so handfest wie die Geschenke an Weihnachten und die bunten Eier an Ostern! Aber ihre Tiefenwirkung ist umso größer und notwendiger – gerade heute!
Deswegen wünsche ich Ihnen ein geisterfülltes Pfingstfest! Der Heilige Geist möge die getrennten Christen im Luther- und Echterjahr weiter zusammenführen und unserer Welt Frieden schenken: „Herr, sende aus deinen Geist – und das Antlitz der Erde wird neu!“
Dr. Jürgen Vorndran
Dompfarrer und Dekan des katholischen Stadtdekanates