Der Evangelische Kirchentag ist am 11. Juni in Nürnberg zu Ende gegangen. In Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen gab es eine durchgehende Beobachtung: Die freundlichen Gesichter der Teilnehmer. Die aufgeräumte Gelassenheit auch in großen Versammlungen. Die Rücksichtnahme im Gedränge.

Das kann ich bestätigen. Ich war mitverantwortlich für den „Markt der Möglichkeiten“, wo über 500 Aussteller sich den Platz in Messehallen teilen. Zehntausende Besucher ziehen täglich an den Ständen vorbei.

Die Aussteller halfen sich untereinander aus. Sie berücksichtigten die Wünsche ihrer Nachbarn – bitte nicht zu laut sein, bitte nicht zu raumgreifend. Es gab kein Gemecker, obwohl es fast unvermeidlich ist, dass manchmal bestellte Ausstattungen fehlten: Der Wasserhahn, der zweite Stromanschluss, der Extra-Tisch.

Es gab auch kein Gemecker bei den Kirchentagsbesuchern, wenn ihre Wunschveranstaltung überfüllt war, oder wenn sie mit der neuen Kirchentags-App nicht zurechtkamen. Die vielen jungen Helfer und Helferinnen erklärten geduldig ein ums andere Mal, wo welche Veranstaltung stattfindet, und wie man in der App die Namen von Vortragenden findet. Und immer wieder bedankten sich die einen bei den anderen – und lächelten dabei.

Die freundliche Stimmung hat selbst die Podiumsdiskussionen getragen, in denen es um sehr strittige Themen ging. Keine Selbstdarstellungen, keine Ego-Trips, keine herabwürdigenden Bemerkungen über die, die anderer Meinung sind. Die Diskutanten tauschten Argumente aus, nicht Beleidigungen. Man hörte sich zu. Das Publikum ließ zwar seine Sympathien erkennen, stellte aber auch niemanden in die Ecke.

So kann Kirche also sein: Unverkrampft fromm. Freundlich und zugewandt. Modern und weltoffen. Ernsthaft und hörbereit. Und ich denke mir: So passt das kirchliche Leben mit der frohen Botschaft Jesu zusammen. Das ist Kirche!

Pfarrer Jürgen Reichel, Würzburg St. Johannis.