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Wort zum Wochenende

"Ich glaub an nix"

Für mich ist es ein Geschenk, dass ein Mensch mir die Tür öffnet und ein wenig hineinschauen lässt in sein Lebenshaus, so Klinikpfarrer Jürgen Floß

Ich glaub an nix“

Ich klopfe an der Tür des Krankenzimmers. Im vorderen Bett liegt ein junger Mann, so um die 20. Er hebt eine Boulevardzeitung vor sein Gesicht, als wollte er sagen: „Ich bin gar nicht da!“ Der Patient am Fenster könnte vom Alter her sein Großvater sein. Er schaut mich mit offenem Blick an. Als Klinikseelsorger stelle ich mich vor. Gerne komme ich die beiden jetzt besuchen, wenn sie mögen.

Da tönt es hinter der Zeitung vor: „Sind Sie etwa von der Kirche? Neee. Ich glaub an nix!“ – Na, wenn das kein Gesprächsangebot ist! – „Ach ja? Sie machen mich neugierig. Was ist denn das: Nix?“ – Dann erwidert der Junge, den Sichtschutz seiner Zeitung ein wenig gesenkt: „Ich glaub nur, was ich sehe!“ – Peng! Mit Nachdruck hat er das gesagt und dabei ausgerechnet dieses Käseblatt wieder vor die Augen gehoben. Ist ja in Ordnung, wir müssen nicht miteinander reden, wenn er keine Lust hat. Aber eine Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen: „Hoffentlich glauben Sie nicht alles, was in dieser Zeitung steht!“ – Keine Antwort mehr.

Darauf bittet mich der ältere Zimmernachbar, mich zu ihm zu setzen. Er hat den kurzen Wortwechsel mit verfolgt. Und so erlebe ich die zweite Überraschung bei diesem Besuch. Mit leiser Stimme sagt er: „Ohne meinen Glauben könnte ich gar nicht leben. Wenn ich nicht mehr weiterweiß, denke ich an Jesus. Der hat uns doch versprochen: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ Dabei zeigt er auf das kleine Kreuz, das über dem Eingang im Patientenzimmer hängt.

Ich bin beeindruckt. Keine Predigt, keine hohe Theologie ist das, vielmehr eine Lebenserfahrung, die ihre Wurzeln, ihren Halt gefunden hat. – Für mich ist es ein Geschenk, dass ein Mensch mir die Tür öffnet und ein wenig hineinschauen lässt ins Lebenshaus mit all den Geschichten darin. Schönes und Schweres, Aufregendes und Trauriges kommt zum Vorschein, auch Erleben von Schuld. Mit großem Respekt höre und schaue ich an, was mir als Klinikseelsorger erzählt und gezeigt wird. Und ich glaube: Über all dem steht ein großes, freundliches Ja. Über all dem steht die Liebe, die wir Gott nennen.

Darum biete ich gegen Ende solch einer Begegnung manchmal ein Gebet an, manchmal einen Segen, z.B. diesen:

Es segne dich, deine Lieben und diese ganze Welt: Gott hinter dir und vor dir, Gott unter dir und über dir, Gott rings um dich, Gott in dir. + Amen

Pfr. Jürgen Floß, Seelsorge am Uniklinikum Würzburg