Hilfe für Entscheidungsmuffel
Fällt es Ihnen manchmal schwer sich zu entscheiden? Gehören Sie zu den Menschen, die vor der Speisekarte sitzen und erstmal abwarten, was die anderen bestellen? Das Wiener Schnitzel schmeckt zwar immer; aber wenn einer in der Runde mit viel Mut zum Risiko ein ausgefallenes Gericht genießt, versammeln sich doch neidische Blicke an seinem Tellerrand ...
Also Mut zur Entscheidung! Gern auch aus dem Bauch heraus! Schließlich gilt nicht nur beim Essen der Bauch als ein Zentrum unserer Entscheidungsfindung. Sein Gegenüber ist der Kopf. Aber nicht nur bei der Essensbestellung bleibt meist wenig Zeit, unser Hirn jedes Für und Wider einzeln abwägen zu lassen: Es muss eine Entscheidung her!
Verhaltensforscher sagen uns, dass wir bei der Begegnung mit einem fremden Menschen im Bruchteil einer Sekunde unsere Entscheidung getroffen haben, ob wir ihn oder sie sympathisch finden oder nicht. Ein Merkmal kann unser Urteil nochmal verändern: wenn wir die Stimme unseres Gegenüber zum ersten Mal hören. Danach aber ist der Umschwung von Antipathie auf Sympathie oder umgekehrt nur noch durch viele gemeinsame Erlebnisse zu erreichen.
Wir können es also: Unterscheiden und entscheiden. Wir tun es ständig. Höchst individuell und ganz persönlich. Eigentlich wissen wir, was uns gut tut und was uns auf Dauer krank macht. Das stimmt mich zuversichtlich: Eigentlich darf ich dem trauen, was ich spontan empfinde.
Das macht Mut auch für die ganz großen Entscheidungen: Ich darf eine Zeit lang mit meinen Empfindungen und Gedanken umgehen, sie sammeln und erwägen. Ich kann im Laufe dieses Klärungsprozesses festhalten, wohin es mich mehr zieht. Im Umkehrschluss kann ich die „Aber-Geister" entlarven. Dann kann ich mich testen in einem Bewährungsprozess: Finde ich hier meinen Frieden? Auf diesem Weg kann ich „die Geister unterscheiden". So kann mein Bauchgefühl in Einklang kommen mit dem, was mein Kopf einwendet. Entscheidung setzt Unterscheidung voraus.
Als Christ muss ich das alles nicht allein bewältigen: Gott begleitet mich geduldig auf der Suche nach der richtigen Entscheidung. Er gibt mir Hinweise in den konkreten Regungen meiner Seele. Das lehrt der heilige Ignatius von Loyola: Er suchte Gott in allen Dingen. Heute an seinem Namenstag bin ich ihm einfach nur dankbar, dass ich in meinem Leben immer auf seine Kriterien der „Unterscheidung der Geister" zurückgreifen kann.
Dr. Jürgen Vorndran
Dompfarrer und Dekan des katholischen Stadtdekanates