Dieses Wochenende steht ganz im Zeichen des Gedenkens.
Am Sonntag jährt sich zum 80. Mal die Zerstörung Würzburgs durch britische Bomber. Zahlreiche Veranstaltungen begleiten den Anlass. Wie immer am Vormittag des 16. März findet beim Massengrab der Gedenkakt der Stadt Würzburg statt, gefolgt von der Übergabe des Wander-Nagelkreuzes und dem Versöhnungsweg. Für ein Jahr wird es im Generationen-Zentrum Matthias Ehrenfried zu Gast sein, Inspiration, über Vergebung, Versöhnung und Frieden nachzudenken. Sicher steht auch das diesjährige Gedenken unter dem Eindruck des Ukrainekrieges, vielleicht auch des neuen politischen Kurses der USA, von manchen bereits als „frühere Verbündete“ bezeichnet. Ist da ein Bitten um Vergebung, jedes Gebet für Versöhnung und Frieden nicht umsonst, wenn diese so vergänglich scheinen?
In der ev. Kirche heißt dieser 2. Fastensonntag „Reminiscere“, zu deutsch: „Gedenke“, abgeleitet von Psalm 25. „Denke nicht an meine Schuld und meine Verfehlungen“, steht da, „denke an mich so, wie es deiner Barmherzigkeit entspricht.“ Dieser Psalm ist ein inniges Gebet um Versöhnung mit Gott. Auch vergebens, wenn Menschen sich doch immer wieder als schuldig erleben? Seit 3000 Jahren wird dieser Psalm gebetet...
Menschen beten und mühen sich um Frieden und Versöhnung, weil sie klar sehen, dass beides stets neu gewonnen werden muss, für sich selbst und für die Welt.
Zum Nagelkreuz gehört das Versöhnungsgebet, das aus genau diesem Gedanken entstanden ist: alle sind für irgendetwas auf Vergebung angewiesen, alle sind gerufen, sich einzusetzen:
Den Hass, der Nation von Nation trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse,
Vater, vergib.
Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist,
Vater, vergib.
Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet,
Vater, vergib.
Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der Anderen,
Vater, vergib.
Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge,
Vater, vergib.
Die Gier, die Frauen, Männer und Kinder entwürdigt und an Leib und Seele missbraucht,
Vater, vergib.
Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott,
Vater, vergib.
Vergebens? Umsonst? Im Gegenteil! Zeitgleich mit dem Gedenkakt beginnt in der Kathedrale von Coventry, Ursprung des Nagelkreuzes, die Messe. Coventry war schon 1940 durch deutsche Bomber zerstört worden. Am Sonntag wird auch dort unserer Stadt gedacht und für Würzburg gebetet. So ist Versöhnung…
Pfrin. Antje Biller, Schulpfarrerin am DAG u. Polizeiseelsorgerin, Mitglied im Leitungskreis der Würzburger Nagelkreuz-Initiative und im Vorstand der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft