Es gibt sie, die anderen,
mit denen ich nichts zu tun habe, mit denen ich vielleicht gar nichts zu tun haben will, die mir fremd sind und am liebsten auch fremd bleiben könnten. Kein Wunder, dass bei manchen auch Ängste entstehen vor denen, die man nicht kennt. Viele bleiben lieber unter ihresgleichen, da kennt man sich aus, da weiß man wie man dran ist.
Und dabei leben wir gerade in einer Stadt immer auch mit Fremden zusammen, begegnen ihnen auf der Straße, wohnen mit ihnen im gleichen Haus oder in der gleichen Straße, treffen sie beim Einkaufen, wo immer wir unterwegs sind. Wir können den Fremden gar nicht ausweichen.
Umso wichtiger wäre es, dass wir uns dem Fremden einmal stellen.
Im katholischen Stadtdekanat haben wir vor kurzem erst einen Versuch gestartet mit Straßenexerzitien. Einige von uns machten sich auf den Weg, nahmen sich Zeit dafür und suchten Orte auf, an die sie als Kirchenleute normalerweise nicht oder kaum hinkommen. Es ging darum, wahrzunehmen wie die Menschen leben, was sie bewegt, was ihr Leben ausmacht. Nur wer das Lebensumfeld der Menschen kennt, kann auch die Menschen verstehen mit dem, wie sie ihr Leben gestalten. Es war ein Versuch. Wir waren selbst gespannt, welche Erfahrungen wir dabei machen können und was wir daraus für unseren Alltag und für unseren Umgang miteinander in unseren jeweiligen Wohnquartieren lernen können.
Ich kann mir gut vorstellen, dass solch eine Erfahrung für jeden Menschen hilfreich werden kann, die Fremden gerade im nächsten Umfeld unseres Lebens nicht mehr nur als Fremde zu erfahren. Es könnte eine größere Offenheit für den anderen entstehen, wenn ich sehe und ein Stück mehr verstehe, wie der andere lebt, was ihn bewegt. Vielleicht entdeckt ja mancher, dass der andere gar nicht so viel anders tickt als man selbst, dass ihm nur entsprechende Möglichkeiten fehlen, sich zu zeigen. Vielleicht entdeckt ja mancher auch, dass der Fremde sympathischer ist als man bisher gedacht hat.
Was im Grunde für alle Menschen eine Chance sein kann, sollte für uns als Christen selbstverständlich sein. Dass es uns ein Anliegen ist, andere nicht nur als Fremde zu sehen und den Abstand zu wahren. Es sollte uns Auftrag sein, den anderen in seinem Anderssein zu sehen und anzunehmen und ihm eine Chance in unserer Lebenswelt zu geben. Und wie kann man das besser als wenn einer versucht, Ängste abzubauen und auf diese Weise dem anderen näher zu kommen und ihn besser verstehen zu lernen.
Ich wünsche uns allen in dieser Hinsicht eine große Offenheit füreinander und gute und ermutigende Erfahrungen miteinander.
Werner Vollmuth