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Wort zum Wochenende

Es braucht viele mutige Stimmen

Der Vormarsch der Schlussstrich-Mentalität beunruhigt mich gerade in diesen Zeiten besonders so Dr. Josef Schuster.

Die vergangenen Wochen waren geprägt von Momenten der Erinnerung und des Gedenkens. An zahlreichen KZ-Gedenkstätten wurde in diesem Jahr dem 80. Jahrestag der Befreiung gedacht; unter anderem in Bergen-Belsen und in Dachau. Am 8. Mai wurde dem 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa gedacht. Im April begingen wir Yom Ha-Schoa, den jüdischen Gedenktag an die Opfer der Schoa und des jüdischen Widerstandes, an dem in Israel für eine Minute das Leben stillsteht.

Bereits im Januar dieses Jahres wurde auf internationaler Bühne dem 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gedacht. All diese würdigen und ernsthaften Veranstaltungen werden von einer gesellschaftlichen Entwicklung – in Deutschland, aber auch weltweit – überschattet, die an den Fundamenten unserer Republik rüttelt und genau dieses Gedenken in Frage stellt. Das erste Mal seit dem Erfassen dieser Frage, sind mehr Menschen in Deutschland dafür, einen sogenannten Schlussstrich unter die Zeit des Nationalsozialismus zu ziehen, als dagegen.

Der Vormarsch der Schlussstrich-Mentalität beunruhigt mich gerade in diesen Zeiten besonders. Sie knüpft im Übrigen an fast alle Phänomene des politischen Extremismus an. Rechtsextreme sprechen von „Schuldkult“, Linksradikale von „German Guilt“ und auch Islamisten verachten das Gedenken an die Schoa.

Erst in der vergangenen Woche wurden mit mehr als 84.000 Delikten für das Jahr 2024 der Höchststand politisch motivierter Kriminalität in Deutschland seit Erfassung dieser Daten gemessen. Davon abgesehen, dass mit 6.236 antisemitischen Straftaten auch der Höchststand seit Erfassung in diesem Bereich gemessen wurde, bedroht politische Kriminalität und Gewalt jede Demokratie besonders. In Deutschland sollte uns das gerade angesichts unserer jüngeren Geschichte aufrütteln. Diese Erfahrungen zu historisieren sind also genau der falsche Weg. Es braucht mutige Stimmen, die sich öffentlich gegen einen solchen Schlussstrich aussprechen.

Mit Margot Friedländer ist vor wenigen Tagen genau solch eine mahnende Stimme unserer Zeit von uns gegangen. Ihr Tod zeigt uns die Vergänglichkeit der Erinnerung; er verweist auf die große Verantwortung, die wir gegenüber dieser mutigen und starken Frau und ihrer ganzen Generation haben. Margot Friedländer hat den Glauben an eine gerechte, friedliche Welt niemals aufgegeben. Ehren wir sie, indem wir diesen Glauben weitertragen.

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden