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Wort zum Wochenende

Erinnern und Gedenken

Neues Leben kann nur blühen, wenn wir uns an das Vergangene erinnern, so Dr. Josef Schuster.

Erinnern und Gedenken bestimmen unseren gesellschaftlichen Diskurs seit je her. In den ersten Jahreswochen erhält die Debatte mit Blick auf den 27. Januar, den internationalen Holocaust-Gedenktag und in Deutschland dem Tag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, eine verstärkte Aufmerksamkeit. Am 27. Januar dieses Jahres ist es genau 79 Jahre her, dass das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit wurde.

Erinnern und Gedenken: Das sind zwei verschiedene Dinge, die in unseren Debatten häufig als wesensgleich beschrieben werden. Aus jüdischer Sicht ist die Erinnerung permanent. Erinnern ist im Judentum ein religiöses Gebot, aber auch ein gesellschaftliches. Zikaron: Die Kultur der Erinnerung. Das hebräische Wort „Sachor“- Erinnern - kommt in seinen verschiedenen Bedeutungen 169 Mal im Tanach vor. Nur eine Gesellschaft, die erinnert ist auch zu einem aktiven Gedenken fähig.

Öffentliches Gedenken an die Schoa ist für die Bundesrepublik konstitutiv. Der 27. Januar ist kein jüdischer Gedenktag, aber er ist natürlich für Juden in Deutschland von hoher Relevanz. Wie werden wir in Zukunft gedenken, wenn die Erinnerung an die Schoa nicht nur schwerer fällt, da die Zeitzeugen unsere Welt verlassen und gleichzeitig die Leugnung und Relativierung der Schoa in vielen Kreisen allgegenwärtig ist? Wir werden auf digitale Formate des Erinnerns UND Gedenkens setzen, natürlich. Viele Berichte von Zeitzeugen wurden in Ton und Bild festgehalten, das ist gut. Sie werden bereits in der Gedenkstättenarbeit eingesetzt. Das muss pädagogisch vor- und nachbereitet werden und die Gedenkstätten müssen dafür ausgestattet werden. Auf die Nachfahren der Schoa-Überlebenden wird es ebenfalls ankommen. Sie halten das Erinnern wach und werden Gedenken ermöglichen.

In dieser Woche haben wir den jüdischen Feiertag Tu biSchevat gefeiert, das Neujahr der Bäume. Er erinnert an das Gebot G’ttes: Wenn ihr in das Land kommt, sollt ihr allerlei Bäume pflanzen! Er ist ein positiver Feiertag, denn er feiert das Leben, L’Chaim: eine der Grundüberzeugungen des Judentums. Neues Leben kann nur blühen, wenn wir uns an das Vergangene erinnern. Das ist eine Perspektive, die Jüdinnen und Juden in unsere deutsche Erinnerungskultur einbringen. Wir werden diese Debatte von vorne führen. Es gibt einen Unterschied dabei, Geschichte als etwas zu begreifen, das anderen in der Vergangenheit passiert ist und sich an etwas zu erinnern, das einem selbst widerfahren ist. Diese jüdische Perspektive gehört elementar zu unserer Erinnerungskultur dazu.

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland