Ein Narr muss ich sein
Das habe ich nun davon, weil ich mich nicht festgelegt habe, als die Anfrage kam, wann wer das Wort zum Wochenende schreiben will. Ich dachte, mir fällt zu jedem Sonntag schon was ein. Dass mir jetzt gerade der Faschingssonntag zufällt, damit hatte ich nicht gerechnet. Da haben wohl alle einen Bogen herum gemacht.
Also ein Narr bin ich nicht gerade. Allerdings, wenn ich es mir so überlege: In der jetzigen Situation werden wohl viele unsereins als Narren oder närrisch oder so ähnlich bezeichnen. Wie kann man/frau sich in dieser Zeit als Vertreter der Kirche öffentlich bekennen. Da muss jemand doch närrisch sein. Und ich verstehe sogar Menschen, denen es reicht, die mit diesem „Verein“ nichts mehr zu tun haben wollen. Bei allem, was da aufgedeckt wird, was in der Kirche passiert ist! Und dann noch die Reaktionen der Verantwortlichen bis in höchste Kreise. Die sind doch wie manche Politiker, die immer nur zugeben, was ihnen ohnehin schon nachgewiesen ist.
Ich verstehe es ehrlich gesagt selbst nicht mehr, dass unseren Verantwortlichen das Eingeständnis von Schuld so gar nicht recht über die Lippen kommen will. Schuld auf sich geladen haben nicht nur die Missbrauchstäter, sondern auch die Verantwortlichen, die entweder Täter nur versetzt oder vielleicht auch 'nur' ihre Verantwortung als Oberhirten nicht wahrgenommen haben, so dass Untergebene dann falsche Entscheidungen treffen konnten.
Auch die Bitte um Verzeihung scheint für viele ein Tabu zu sein. Geht es denn wirklich nur um die eigene weiße Weste? Alle jene haben in ihrem Leben doch schon so oft anderen verkündet, dass Schuld einzugestehen notwendig ist für eine echte Umkehr, dass wir Unrecht an anderen uns nicht einfach selbst verzeihen können. Als Christen leben wir doch aus dem Glauben an unseren barmherzigen Gott, der immer wieder Wege öffnet zum Leben.
In dieser Kirche weiter zu bleiben mag manchen tatsächlich närrisch erscheinen. Aber mir geht es ja nicht um die Kirche. Mir geht es um Gott. Er ist mein oberster Chef, der mir in Jesus gezeigt hat, dass es gut ist, auf ihn zu bauen und mein Leben auf IHN zu gründen. Seine befreiende Botschaft weiterzutragen, das ist es, was ich als meine Aufgabe erkannt habe. Darum bleibe ich dabei, auch wenn mich mancher wohl als Narr bezeichnet.
Und es tut mir gut, meine Kollegen zu hören, wie sie in dieser Zeit bestehen. Sie machen die Erfahrung, dass in den Gemeinden die Menschen das gute Miteinander sehen und den Glauben leben nach ihren Möglichkeiten. Sie leiden unter der derzeitigen Situation, das ist klar, aber der Glaube ist ihnen wichtiger als die Querelen. Alle hoffen freilich, dass endlich Verantwortung übernommen wird, Schuld eingestanden und demütig Verzeihung erbeten wird. Erst wenn das geschieht, wird es auch einen Weg geben, der Raum eröffnet, dass Heil für alle erfahrbar wird.
Werner Vollmuth
Priesterseelsorger der Diözese Würzburg