Ein frühes Frühlingsfest
Einen kleinen Vorgeschmack auf den Frühling haben wir in diesen Tagen schon bekommen. Menschen sitzen bereits wieder vor den Cafés in der Sonne (wenn auch manchmal noch in eine warme Decke gehüllt), und in den Blumenbeeten sind die grünen Spitzen der Frühlingsblüher bereits zu sehen.
Während wir aber noch Geduld haben müssen, bis der Frühling wirklich da ist, klettert in einigen Mittelmeer-Ländern das Thermometer schon über die 20-Grad-Marke. So ist es auch in Israel. Es ist daher kein Zufall, dass im Judentum schon früh im Jahr ein Frühlingsfest gefeiert wird: Tu Bischwat. Der hebräische Ausdruck meint nichts anderes als im jüdischen Kalender den 15. Tag des Monats Schwat. In diesem Jahr fiel Tu Bischwat auf den 11. Februar.
Tu Bischwat nennen wir auch das „Neujahrsfest der Bäume“. Entstanden ist es aus den biblischen Vorgaben, wie wir mit Bäumen und ihren Früchten umgehen sollen: Drei Jahre lang sollen die Früchte nicht gegessen werden, im vierten Jahr seien uns die Früchte heilig. Im fünften Jahr dürfen sie gegessen oder verkauft und versteuert werden. Zur Berechnung der Steuer mussten Baum-Jahre eingeführt werden, um festlegen zu können, wann die Steuer fällig war. Das Ende der Regenzeit, wenn neue Setzlinge ausgebracht werden, wurde schließlich als Datum genommen.
Mit einem Feiertag hatte das lange nichts zu tun. Doch über die Jahrhunderte entwickelte sich Tu Bischwat zu einem Fest, an dem die Schöpfung besonders gewürdigt wird und bestimmte Früchte gegessen werden.
Mit der Auswanderung europäischer Juden ins heutige Israel und der Staatsgründung 1948 erlangte Tu Bischwat noch eine weitere Bedeutung: Es war dringend erforderlich, Israel aufzuforsten, um die karge und häufig wüstenähnliche Landschaft bewohnbar zu machen. Bis heute ist es üblich, an diesem Tag Bäume zu pflanzen. Der Jüdische Nationalfonds Keren Kayemeth Leisrael (KKL) ruft übers ganze Jahr zu Baumspenden auf und organisiert große Baumpflanzaktionen und Feste zu Tu Bischwat. Nach den verheerenden Waldbränden im vergangenen November gab es in diesem Jahr leider auch noch dringenderen Bedarf zur Wiederaufforstung als sonst.
Seit einigen Jahren ist Tu Bischwat für Juden weltweit ein Tag des Umweltschutzes, der uns mahnen soll, behutsam mit der Natur umzugehen. Es ist zugleich ein Tag der Freude über die Früchte, die die Natur uns schenkt, und über den beginnenden Frühling. Genießen Sie mit uns Wein, Feigen, Granatäpfel und Oliven – und schon lässt sich auch in Franken der Frühlingsbeginn ein wenig vorziehen!
Der Autor Dr. Josef Schuster ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.