In Würzburg gibt es einen Ort, an dem man genau das genießen kann, aber mit festem Boden unter den Füßen. Man braucht sich nur unter die Kuppel des Neumünsters zu setzen, um ein Blick in den Himmel zu werfen: Alle Heiligen des Frankenlandes verherrlichen dort die Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Mit diesem Blick über die Wolken wird klar, was im Leben wirklich wichtig ist. Etwa am Beispiel der heiligen Kilian, Kolonat und Totnan: Diese irischen Missionare kamen um das Jahr 686 nach Würzburg. Ihre Lebenshingabe im Jahr 689 ist auch der Grund für den offenen Himmel in der Kuppel, die über dem Ort ihres Martyriums errichtet wurde: "Ich sehe den Himmel offen" - so hat Stephanus, der erste Märtyrer, gerufen, als die Menge ihn steinigte. Im Augenblick seines Todes hat er für seine Mörder gebetet: "Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an" (Apg 7,60). Der Himmel ist überall dort offen, wo Menschen nach dem Wort Jesu den Frieden und die Gerechtigkeit suchen, selbst wenn sie dafür ihr Leben geben müssen. Der Himmel ist überall dort offen, wo Menschen noch im Angesicht von Gewalt und Unrecht für ihre Verfolger beten. Wo das geschieht, kann auch uns klar werden, was wirklich wichtig ist: Eine Liebe, die dem Hass nicht weicht.
So gesehen sind wir dieser Tage alle Zeugen für den offenen Himmel geworden, als in Frankreich der Priester Jacques Hamel am Altar seiner Kirche getötet wurde und danach für uns Christen feststand: Wir können diese abscheuliche Tat nicht mit Rache und Vergeltung beantworten! Jesus mutet uns das Gebot der Feindesliebe zu. Auch wenn wir das nie ganz einholen können, besteht darin doch die grenzenlose Freiheit, die allein der Glaube schenkt: Ein Glaube, der das Martyrium nicht braucht, um in den Himmel zu kommen, sondern der im Martyrium bezeugt, was der Himmel ist: Liebe und Versöhnung. Am Montag werden wir den offenen Himmel feiern, wenn wir auf Maria schauen und uns bewusst wird, dass der Himmel wie für Maria für jeden Menschen offensteht, der sein Leben in der Nachfolge Jesu unter das Gebot der Liebe stellt.
Dr. Jürgen Vorndran, Dompfarrer und Stadtdekan