Bis Himmelfahrt
Das Telephon klingelt am Arbeitsplatz, eine Stimme meldet sich: „Christos anesti". Noch bevor der Anrufer grüßt, sich vorstellt, sein Anliegen mitteilt, hat er mir den griechischen Ostergruß gesagt: „Christus ist auferstanden". Mitten in der Arbeit werde ich daran erinnert, dass Osterzeit ist. Ich antworte: „Alithos anesti", „Er ist wahrhaft auferstanden", bevor wir zum Gespräch kommen. So geht das 40 Tage lang. Ich grüße meine Frau beim Kaffeekochen „Christos anesti". Ich treffe Freunde auf der Strasse, küsse sie links und rechts und grüße sie mit „Christus ist auferstanden". Ich sage den Kindern nach der Gutenachtgeschichte „Christos anesti". Es will nicht aus dem Kopf, dass Ostern ist. Nach drei Wochen Vorfastenzeit, nach 40 strengen Fastentagen und nach der mit Passionsgottesdiensten gefüllten Karwoche hört der Osterjubel einfach nicht auf.
Griechisches Ostern ist sprichwörtlich: Rote Eier, Lamm am Spieß, Osterzopf, Musik und Tanz, man trifft sich in großer und offener Runde, niemand soll alleine feiern. Und das Fest soll auch nicht aufhören. Eine ganze Woche lang ist jeden Tag Ostern, in allen Gottesdiensten singen wir die Osterhymnen der Osternacht und halten Osterkerzen in den Händen. Bis Christi Himmelfahrt geht die Osterzeit 40 Tage weiter: „Christus ist auferstanden" - „Er ist wahrhaft auferstanden".
Ist das nicht ermüdend? So groß der Jubel der Osternacht auch sein mag, der Alltag hat uns schnell wieder. Auch die Sorgen, ja sogar die Katastrophen bleiben nicht aus und nehmen uns in Beschlag. Da ist es dann gut, dass mich kleine Begegnungen und flüchtige Grüße meiner Mitmenschen nicht vergessen lassen, dass Ostern ist. So kann ich mich immer wieder vergewissern: Wir glauben an den auferstandenen Christus. Dieser Glaube ist griechische Lebensrealität, auch im Alltag, der eigentlich nichts mit Kirche zu tun hat.
Der Osterhymnus singt weiter davon, dass der Tod zertreten wurde. Der Tod ist immer schrecklich, hässlich, nicht von Gott gewollt. Es gibt keinen gnädigen Tod, denn er ist lebensfeindlich. Der Germanwingsabsturz hat wieder einmal gezeigt, dass es keine Erklärung für etwas Sinnloses geben kann. Aber es gibt den Sieg des Lebens über den Tod und den Glauben an eine Person, bei der dies real wurde, für uns. Christos anesti, Christus ist auferstanden.
p.Martinos Petzolt, Griechisch-orthodoxer Pfarrer von Würzburg und Unterfranken